Arzneimittelreport 2020: Patientinnen und Patienten der Spitex sind grossen Medikationsrisiken ausgesetzt

Die Medikamentenkosten in der Schweiz beliefen sich 2019 auf rund CHF 7.6 Milliarden Franken. Spitzenreiter bleiben die Krebs-/Immunsystem-Mittel, gefolgt von Nervensystemmitteln und Stoffwechselpräparaten. Der Einsatz von Biosimilars (Nachahmerpräparaten) birgt grosses Einsparpotential, das leider immer noch praktisch ungenutzt blieb. In einer Zusatzanalyse beleuchtete Helsana die Medikation von Patientinnen und Patienten der Spitex, wo verschiedene Problemfelder im Medikationsprozess existieren. Die Patientinnen und Patienten nehmen eine hohe Zahl an Medikamenten ein, was grosse Gefahren in sich birgt.

25.11.2020

Der neuste Helsana-Arzneimittelreport zeigt: Die Medikamentenkosten zu Lasten der Grundversicherung belaufen sich 2019 auf CHF 7.6 Milliarden und haben sich gegenüber 2018 stabilisiert. Es kamen weniger neue Medikamente auf den Markt und Patentabläufe wie auch die Preisüberprüfung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) wirkten kostendämpfend, wenngleich jährlich nur ein Drittel der Medikamente überprüft wird. Die stabile Kostenentwicklung stellt jedoch keine Trendwende dar. Neue hochpreisige Medikamente verursachen sehr schnell enormes Kostenwachstum, wie die Entwicklung bei den Krebsmedikamenten beispielhaft zeigt (+9.5%). Das grösste Umsatzwachstum (CHF + 37 Mio.) erzielte ein zur Krebsbehandlung eingesetztes Medikament (Keytruda). Das Medikament hat seit der Zulassung 2017 mehrere Indikationserweiterungen erfahren, die sich bisher nicht in einer signifikanten Preisreduktion niederschlugen.

2019 kamen lediglich 13 neue Wirkstoffe – Krebsmittel und Immunsuppressiva – auf den Markt, wovon nur zwei Medikamente als potentielle Innovationen einzustufen sind. Grosses Einsparpotential besteht bei den Nachahmerpräparaten von biologisch hergestellten Arzneimitteln, den sogenannten Biosimilars. Auch zehn Jahre nach der ersten Einführung eines Biosimilars bleibt das enorme Einsparpotential im Schweizer Gesundheitssystem nahezu ungenutzt. Und dieses Potenzial nimmt jährlich zu, da aufgrund von Patentabläufen immer mehr günstigere Nachahmerprodukte auf den Markt gelangen. Wichtige Reformen wie die Einführung von preisunabhängigen Margen (Fixmargen) oder die Gleichstellung der Biosimilars mit den Generika würden die Anreize zu deren Verschreibung setzen.

Spitex-Patientinnen und Patienten nehmen gefährlichen Medikamenten-Cocktail ein

Getrieben durch den Wunsch vieler Menschen das Lebensalter zu Hause zu verbringen, nehmen immer mehr Personen Spitex-Leistungen in Anspruch. Daten zur Medikation von vulnerablen Patientengruppen sind in der Schweiz rar. Mit Daten von Helsana war eine Analyse der Medikation möglich. Seit 2013 steigen die Bezüge von Medikamenten der Spitex-Patienten drastisch an (+ 47.7%). Durchschnittlich werden parallel 16 Präparate bezogen (Pflegeheimbewohner: 9 Präparate). Eine Einnahme von gleichzeitig mindestens fünf Wirkstoffen wird als problematisch erachtet (Polypharmazie). Die Hälfte der Spitex-Patienten/innen (47.8%) wies im Jahr 2019 einen Langzeitbezug einer potenziell inadäquaten Medikation (PIM) auf. Diese betrafen schlaffördernde Mittel wie zum Beispiel den Wirkstoff Benzodiazepine. PIM sind nachweislich mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen, einem erhöhten Hospitalisierungsrisiko verbunden mit zusätzlichen Kosten sowie einer erhöhten Mortalität assoziiert.

Eine periodische, systematische Überprüfung der durch die Ärzte verordneten Medikamente ist zwingend notwendig, ebenso wie eine gute Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren. Abrechnungsdaten von Krankenversicherern helfen hierbei und unterstützen das fachmedizinische Personal. Die Spitex könnte künftig eine unterstützende Rolle übernehmen.

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