Eine Sucht ist für die Angehörigen von Suchtbetroffenen eine Belastung. Die Familie, aber auch Freundinnen und Freunde leiden unter der Situation. Sie müssen diese enorme Belastung nicht allein tragen. Womöglich benötigen auch sie Unterstützung.
Sie wohnen mit einer Person unter einem Dach, die alkoholsüchtig ist oder kämpfen mit der Gamesucht ihres Teenagers: In der Schweiz haben rund 500’000 Menschen ein suchtkrankes Familienmitglied. Sie alle leiden als Angehörige von Personen mit einer Suchterkrankung mit, können aber in den meisten Fällen nichts an deren Situation ändern. Diese Machtlosigkeit ist frustrierend.
Angehörige fühlen sich traurig, hilflos und entwickeln oft Schuld- oder Schamgefühle: Man findet Ausreden, um soziale Kontakte zu vermeiden und zieht sich immer mehr zurück. All diese Faktoren können psychische Probleme auslösen – aus Helfenden werden Hilfesuchende.
Professionelle Unterstützung oder Selbsthilfegruppen wirken sich für Angehörige von Suchtbetroffenen nachweislich positiv aus. Nebst Psychologen oder Ärztinnen stehen Angehörigen auch Suchtberatungsstellen beratend zur Seite. Die Beratungen sind in vielen Kantonen kostenlos.
Nahestehende von Suchtbetroffenen beanspruchen selten fachliche Hilfe – und wenn, dann oft sehr spät. Die Folgen können gravierend sein: Studien zeigen, dass Angehörige ein erhöhtes Risiko haben an stressbedingten Erkrankungen zu leiden – etwa an Schlafproblemen oder depressiven Zuständen, die bis hin zu Suizidgedanken führen können.
Auf körperlicher Ebene kann es zu Übelkeit, erhöhtem Blutdruck und anderen Beschwerden kommen. Diese Symptome zeigen, wie enorm die Belastung für das Umfeld sein kann. Es lohnt sich, früh genug professionelle Hilfe zu beanspruchen, bevor man als Angehöriger selbst am Anschlag ist.
Als Angehörige von Personen mit einer Suchterkrankung möchte man helfen, gleichzeitig aber auch auf die eigenen Bedürfnisse achten. Dies ist ein schwieriger, aber wichtiger Prozess.
Suchtcoach Michel Sutter ist seit 12 Jahren clean. Heute hilft er Menschen mit Suchtproblemen und deren Angehörigen. Im Video erzählt er, was er Betroffenen Familien und Freunden rät – und weshalb sie sich selbst ebenso professionelle Hilfe holen sollten.
Worauf Sie verzichten sollten:
Es ist nicht leicht, eine Suchtproblematik zu erkennen. Der Übergang von einem Genusskonsum zu einem problematischen Konsum ist fliessend. Personen, die von einer Suchterkrankung betroffen sind, konsumieren oft auch heimlich. Mögliche Anzeichen einer Alkoholsucht können sein: Man trinkt immer häufiger und mehr. Denn um die gleiche Wirkung zu spüren, wird eine immer grössere Menge Alkohol benötigt. Der oder die Betroffene vernachlässigt Interessen und Hobbys.
Die Auswirkungen von Alkoholsucht können für Angehörige von alkoholkranken Personen sehr belastend sein: Aggressives Verhalten, Wutausbrüche bis hin zu häuslicher Gewalt sind mögliche Auswirkungen einer Alkoholsucht in Beziehungen. Sozialer Rückzug kann ebenfalls ein Hinweis für ein Suchtverhalten sein. Oftmals wird das Problem von der an einer Alkoholsucht erkrankten Person klein gemacht oder auch verleugnet. Ein gereiztes Verhalten dem Partner, der Partnerin oder den Kindern gegenüber kommt ebenfalls häufig vor.
Beobachten Sie Ihren eigenen Alkoholkonsum und mindern Sie diesen, wenn nötig. Suchen Sie das Gespräch, wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Partner oder Ihre Partnerin trinke zu viel. Achten Sie darauf, dass Sie das Gespräch dann führen, wenn Ihr Partner oder Ihre Partnerin nüchtern ist.
Seien Sie hilfsbereit, aber auch bestimmt: Signalisieren Sie, dass professionelle Hilfe nötig ist. Wenden Sie sich an Fachstellen oder spezielle Selbsthilfegruppen, wenn Sie nicht weiterkommen oder sich der Situation nicht gewachsen fühlen.
Weitere Adressen siehe weiter oben unter «Hilfe für Angehörige».
Führt Koks zu einer Persönlichkeitsveränderung? Wie kann man das Verhalten einer Person mit einer Kokainproblematik erkennen, welches sind wichtige Anzeichen?
Bei einem regelmässigen Konsum kann das Verhalten eines Kokainsüchtigen zunehmend weniger sozial sein: Die Person zeigt wenig Empathie für ihre Mitmenschen – insbesondere für ihre Angehörigen. Ein an Kokainsucht erkrankter Mensch ist oftmals ruhelos und gereizt. Sexuelle Lustlosigkeit und sozialer Rückzug können ebenfalls Symptome einer Kokainsucht sein.
Mehr zum Thema Kokainsucht und Drogen erfahren Sie in diesem Artikel:
Kokainsucht ist wie eine Alkoholproblematik sehr individuell und nicht leicht zu erkennen. Fachstellen oder Selbsthilfegruppen können gezielter weiterhelfen.
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Handysüchtig? Noch ist die Handysucht nicht als klinische Sucht anerkannt. Doch das Smartphone ist fester Bestandteil unseres Alltags. Insbesondere Kinder, Jugendliche und Teenager haben ihren Digitalkonsum oftmals nicht mehr im Griff. Für Eltern kann die Situation herausfordernd sein.
Reagieren Betroffene nervös oder gereizt, wenn sie das Handy zu Hause vergessen oder der Akku leer ist, haben diese wahrscheinlich ein Problem mit dem Handykonsum. Der Begriff Nomophobie wird in diesem Zusammenhang auch verwendet. Das Kunstwort wird abgeleitet von «No-Mobile-Phone-Phobia». Als typische Symptome, die mit Nomophobie einhergehen, gelten: Entzugserscheinungen, wie Nervosität und Ängste, Stress bei ausgeschaltetem Handy, das Gefühl verloren oder «nackt» zu sein, wenn das Smartphone nicht in der Nähe ist, Drang und Gier nach dem Mobiltelefon.
Suchen Sie mit der betroffenen Person das Gespräch und teilen Sie Ihre Bedenken mit. Als Eltern, aber auch als Partner ist es wichtig, Vorbild zu sein. Zur Prävention oder auch als Unterstützung wieder hin zu einem unproblematischen Gebrauch, können folgende Tipps hilfreich sein: Die eigene Bildschirmzeit einschränken, das Handy nachts aus dem Schlafzimmer verbannen und ganz gezielt digital freie Zeitspannen festlegen, in denen man ganz bewusst auf das Handy verzichtet. Bei Kindern: Installieren Sie Apps, die die Handyzeit kontrollieren bzw. limitieren.
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Gerade für Eltern kann die Spielsucht ihrer Kinder zu einer grossen Belastung werden. Schulnoten, die immer schlechter werden, können ein Hinweis für Gamesucht sein.
Symptome bei Kindern und Erwachsenen sind in dieser Hinsicht ähnlich: Bei einer Spielsucht verlieren die Betroffenen oftmals das Interesse an Hobbys oder Freundschaften und vernachlässigen wichtige Aufgaben. Aufs Gamen verzichten zu müssen und diesbezüglich eingeschränkt zu werden, kann zu heftigen Reaktionen führen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2018 Gamesucht offiziell als Krankheitsbild definiert.
Woran Sie weitere Anzeichen für Computerspielsucht erkennen und was die Sucht für Folgen hat:
Eltern, die eine Videospielsucht bei ihrem Kind erkennen, sollten das Gespräch suchen und dem Kind signalisieren, dass sie sich sorgen. Setzen Sie gemeinsam Spielregeln auf. Reduzieren Sie in Schritten die Spielzeit. Erinnern Sie Ihr Kind an seine früheren Hobbys. Unternehmen Sie gemeinsam etwas. Da die Gamesucht ein ernst zu nehmendes Problem ist, gibt es mittlerweile auch spezielle Therapieprogramme – Suchtberatungsstellen können Sie darüber informieren.
Ist der Partner von Spiel- oder Gamesucht betroffen, kann als erster Schritt auch hier ein klärendes Gespräch helfen, indem Sie ihre Sorge äussern. Positiv formuliert, kann man dem Partner oder der Partnerin auch Wünsche der Gestaltung der gemeinsamen Partnerschaft nahebringen.
Weitere Adressen siehe weiter oben unter «Hilfe für Angehörige».
Ob süchtig nach Alkohol, Onlinespielen, Shopping, Porno, Kokain oder Heroin: Jede Form der Abhängigkeit ist nicht nur für die Betroffenen ein Problem, sondern auch für deren Familie, Freunde und Bekannte. Holen Sie sich Unterstützung, wenn Sie durch Ihr enges Umfeld mit einer Person, die eine Suchterkrankung hat, Kontakt haben und darunter leiden. Sie müssen diese enorme Belastung nicht allein tragen.
Die Expertinnen und Experten von Sucht Schweiz standen dem Redaktionsteam bei diesem Artikel beratend zur Seite. Die unabhängige und gemeinnützige Stiftung ist das nationale Kompetenzzentrum für Prävention, Forschung und Wissensvermittlung im Suchtbereich.
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