Wenn sich Zellen der Gebärmutterschleimhaut ausserhalb der Gebärmutter ansiedeln, kann das zu starken Schmerzen und zu Unfruchtbarkeit führen. In der Schweiz ist jede zehnte Frau davon betroffen. Was ist Endometriose? Und was hilft dagegen? Über Ursachen, Diagnose und Behandlung.
Unterleibskrämpfe, Rückenschmerzen, Müdigkeit, Darmbeschwerden: Frauen mit Endometriose erleiden Monat für Monat unglaubliche Qualen. Weil sie mit regulären Menstruationsschmerzen verwechselt werden, vergehen bis zur Diagnose oft mehrere Jahre.
Das war auch bei Flawia Visetti so. Ihre Schmerzen seien normal, sagten ihre Ärzte. Im Video erzählt sie über ihren beschwerlichen Weg bis zur Diagnose.
Bei einer Endometriose bleibt die Gebärmutterschleimhaut, auch Endometrium genannt, nicht dort, wo sie hingehört – nämlich in der Gebärmutter. Sie wandert im Körper umher und setzt sich irgendwo, meist im Bauchraum, fest. Häufig nistet sie sich an den Eierstöcken, am Bauchfell, an der Blase, an Gebärmutter oder zwischen Scheide und Darm ein. Diese Zellen vergessen ihre ursprüngliche Aufgabe nicht und wachsen darum während des Zyklus an und bluten ab.
Im Unterschied zur Periode können das Blut und die Schleimhaut nicht durch die Scheide abfliessen, sondern bleiben im Körper. Das führt bei vielen Frauen zu Zysten, Entzündungen und Verwachsungen, die heftige Schmerzen hervorrufen können. Die Wucherungen sind zwar gutartig, müssen jedoch je nachdem behandelt werden.
Wie sich die Krankheit äussert, ist von Frau zu Frau verschieden. Die Stärke der Ausbreitung im Körper steht nicht im Zusammenhang mit den Symptomen: Kleinere Herde können heftige Beschwerden verursachen, während Frauen mit ausgedehnten Herden nichts von ihrer Krankheit bemerken.
Bei starken Beschwerden können betroffene Frauen ihrer Arbeit oder ihrem Alltag kaum nachgehen. In der akuten Phase ist das Leben stark eingeschränkt und richtet sich nur noch nach dem Zyklus. Oft erfährt man von der Krankheit erst, wenn man wegen eines unerfüllten Kinderwunschs ärztlichen Rat sucht. Denn die Symptome werden häufig mit normalen Periodenbeschwerden verwechselt.
Grundsätzlich gilt: Alles, was über ein leichtes Ziehen und Unwohlsein hinausgeht und einen nicht mehr uneingeschränkt am Leben teilnehmen lässt, sollte man ärztlich untersuchen lassen. Denn ob Endometriose oder Regelschmerzen: beides kann behandelt werden. Falls eine Endometriose vorliegt, ist diese fortschreitend. Die Herde können in anderes Gewebe hineinwachsen und so bleibende Schäden verursachen. Endometriose wirkt sich auch auf den Hormonhaushalt und das Immunsystem aus.
Die Krankengeschichte spielt eine wichtige Rolle, um eine Endometriose zu erkennen. Erfragt werden Erkrankungen an Endometriose in der Familie, aktuelle Beschwerden, Fragen zu Stuhlgang, Wasserlassen und Sexualität.
Ab und zu sind Endometrioseherde zwischen Darm und Scheide bereits bei gynäkologischen Untersuchungen tastbar. Grössere Herde und Zysten ausserhalb der Gebärmutter können mit Ultraschall gefunden werden. Doch kleine Herde oder Endometriumzellen, die im Gebärmuttermuskel eingewachsen sind, sind weder mit Ultraschall noch mit Magnetresonanztomografie zu erkennen.
Für die Endometriose-Diagnose kommt in den meisten Fällen deshalb die Bauchspiegelung (Laparoskopie) zum Zug, um zweifellos eine Endometriose festzustellen.
Sind Sie unsicher, ob Sie an Endometriose leiden? Mit einem Schmerztagebuch können Sie bei der Diagnose helfen. Notieren Sie darin folgende Punkte: Wann und in welcher Situation treten die Schmerzen auf? Gibt es einen zeitlichen Zusammenhang zum Zyklus?
Die Ursache der Endometriose ist wissenschaftlich immer noch nicht vollständig geklärt. Eine verbreitete Erklärung ist, dass während der Periode ein Teil des Menstruationsblutes über die Eileiter in den Bauchraum fliesst.
Die Zellen wachsen unkontrolliert, greifen Organe an, suchen Anschluss an das Gefässsystem und können sich lokal oder im ganzen Körper verteilen. Endometriose ist eine Meisterin der Verwandlung und schwer zu erkennen: Darum nennt man sie auch die Chamäleon-Krankheit. Auch die Gene spielen bei der Entstehung der Endometriose eine Rolle.
Statistisch sind Frauen mit folgenden Merkmalen öfters von Endometriose betroffen:
Inzwischen geht man davon aus, dass Endometriose vererbbar ist, die Gene also einen Einfluss auf deren Entstehung haben. Das Risiko steigt etwa, wenn die Mutter bereits unter Endometriose litt. Eine schwere Endometriose wird zudem eher vererbt. Doch auch wenn Endometriose vererbbar ist: Wie hoch das Risiko dafür ist, ist unklar. Die Entstehung ist von vielen Faktoren abhängig: Nebst den Genen sind auch äussere Einflüsse auf die Hormone, Entzündungsprozesse oder das Immunsystem beteiligt.
Rund jede zehnte Frau in der Schweiz leidet an Endometriose. Flawia Visetti ist eine von ihnen. Im Video verrät sie ihre Tipps im Umgang mit den monatlichen Schmerzen.
Endometriose ist eine chronische Entzündungskrankheit. Sie ist behandelbar, aber nicht immer heilbar. Für die Endometriose-Therapie kommen Medikamente, Hormone oder eine Operation in Frage. Fachleute empfehlen eine Kombination von verschiedenen Behandlungsmethoden. Die gute Nachricht für ältere Leidende ist: Normalerweise verschwinden die Beschwerden in der Menopause von selbst. Nach der letzten Monatsblutung im Leben einer Frau sollte auch mit der Endometriose Schluss sein.
Die Bauchspiegelung dient nicht nur zur Diagnose. Sie ist auch die beste Methode, um Endometrioseherde im Unterbauch zu entfernen. Während der Operation wird der Bauchraum nach innen abgesucht. Die Herde werden wahlweise durch Verdampfung mit Hochfrequenzstrom, Hitze oder Laser zerstört oder durch Schnitte entfernt.
Wie lange dauert eine Endometriose-Operation? Eine diagnostische Bauchspiegelung dauert etwa 30 Minuten. Eine therapeutische Bauchspiegelung, bei der Verwachsungen oder ausgedehnte Endometrioseherde entfernt werden, kann bis zu zwei Stunden dauern. Trotz Endometriose-OP können sich danach wieder neue Herde bilden.
Je nach Schwere der Schmerzen können antientzündliche Medikamente mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Naproxen helfen, oder verschreibungspflichtige stärkere Schmerzmittel. Lassen Sie sich beim Einsatz von Schmerzmitteln von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin beraten.
Viele Frauen mit Endometriose leiden unter Beckenbodenverspannungen. Durch Atmungs- und Entspannungsübungen können diese gelockert werden. Ein gezieltes Training des Beckenbodens hilft bei Blasenschwäche.
Mit einem Unterbruch des Zyklus, mässigt sich auch die Endometriose. Es klingt einfach, doch wer nicht blutet, hat keine Schmerzen. Dabei werden häufig Gelbkörperhormone (Progesteron) eingesetzt. Sie unterdrücken den Zyklus und die Blutung. Da der weibliche Körper Gelbkörperhormone auch selbst produziert, sind sie natürlich. Die Therapie beeinflusst auch die normale Gebärmutterschleimhaut. Dadurch kommt es zum Versiegen der Periode.
Eine andere Art von Hormontherapie ist die Einnahme von GnRH-Analoga (Gonadotropin-Releasing-Hormon). Das synthetische Hormon löst künstlich die Wechseljahre aus – inklusive aller typischen Beschwerden allerdings: Hitzewallungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Osteoporose. GnRH sollte man nur kurzzeitig in enger ärztlicher Begleitung einnehmen. Ihre Anwendung muss gründlich abgewogen werden.
Bei einem aktuellen Kinderwunsch wird von Hormonpräparaten abgeraten. Sie wirken empfängnisverhütend. Bei einem zukünftigen Kinderwunsch wird die Hormontherapie von Fachpersonen jedoch empfohlen.
Als Ergänzung zur Schulmedizin empfehlen Fachleute verschiedene komplementäre Behandlungsmethoden:
TCM: Sowohl Akupunktur als auch die Chinesische Kräutermedizin können helfen, die Schmerzen zu verringern.
Klassische Homöopathie: Natürliche Hormontherapien mit Östrogen oder Gelbkörperhormon können die Schmerzen lindern.
Pflanzenheilkunde: Typische Frauenheilkräuter mit einer entzündungshemmenden und hormonregulierenden Wirkung haben einen unterstützenden Effekt. Dazu gehören Himbeerblätter und der Frauenmantel, die den Hormonhaushalt harmonisieren und die Gebärmutter stärken. Auch Misteln versprechen Erfolge, allerdings fehlen dazu aussagekräftige Studien.
Stressabbau: Japanische Forscherinnen haben herausgefunden, dass der Abbau von Stress das Fortschreiten von Endometriose reduzieren kann. So oder so gilt: Chronische Schmerzen können die Muskelspannung verändern und zu Verspannungen führen. Entspannungstechniken helfen, diese abzubauen und die Schmerzen zu lindern.
Wieder nicht schwanger? Ein unerfüllter Kinderwunsch kann an einer ausgeprägten Endometriose liegen. Die gute Nachricht vorab: Sie können trotz Endometriose schwanger werden.
Endometriose kann zu Schleimhautwucherungen, Verklebungen und Vernarbungen an den Eileitern oder Eierstöcken führen und verhindern, dass Samenzellen nicht unbehindert zu den Eizellen wandern können. Durch Entzündungen können sich befruchtete Eizellen nicht in der Gebärmutterschleimhaut einnisten – oder die Qualität der Eizellen nimmt ab. Besonders häufig entsteht eine Unfruchtbarkeit, wenn das Bauchfell durch eine Endometriose entzündet ist.
Die Chance auf eine Schwangerschaft erhöht sich mit einer Operation, bei der die Endometrioseherde entfernt werden. Bei Endometriose und Kinderwunsch empfiehlt sich die Beratung in einem Kinderwunschzentrum. Um abzuklären, ob die Endometriose wirklich der Grund für die Unfruchtbarkeit ist. Und ob allenfalls eine künstliche Befruchtung nötig ist – oder Sie trotz Endometriose natürlich schwanger werden können.
Endometriose erhöht zudem das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft. Nehmen Sie deshalb unbedingt alle Kontrolltermine wahr.
Die richtige Ernährung kann die Beschwerden der Endometriose und Schmerzen lindern. Empfohlen wird eine mehrheitlich basische, entzündungshemmende Ernährung, um die entzündlichen Prozesse im Körper zu stoppen und den Hormonhaushalt positiv zu beeinflussen. Folgende Lebensmittel wirken sich positiv bzw. negativ auf Endometriose und das Wohlbefinden aus. Probieren Sie aus, was Ihnen persönlich guttut!
Unsere Gesundheitsberaterinnen und -berater liefern Ihnen hilfreiche Informationen dazu.
Endometriose ist eine oft verkannte Erkrankung, aber gut behandelbar – und im besten Fall heilbar. Sprechen Sie deshalb mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt über Ihre Beschwerden, um ihnen frühzeitig auf den Grund zu gehen.
Die Expertin stand dem Redaktionsteam bei diesem Artikel beratend zur Seite. Nadia Cifarelli (BSc Psychologie, dipl. holistische Gesundheitsberaterin) arbeitet in der Helsana-Gesundheitsberatung. Sie unterstützt Kundinnen und Kunden bei Fragen rund um Prävention, Ernährung und mentale Gesundheit.
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