Stress ist auf Dauer ungesund, lässt sich aber oft nicht vermeiden. Doch wir können lernen, damit umzugehen. Denn Stress beginnt im Kopf. Kennen Sie Ihre Stressverstärker? Der Stresstest hilft weiter.
Sie verpassen den Zug, im Job taucht ein Fehler auf, Ihr Chef überfällt Sie mit einer neuen Aufgabe – geraten Sie in solchen oder ähnlichen Situationen in Stress? Warum bleibt der Kollege dabei ruhig, während Sie sich am liebsten aus dem Staub machen würden?
Stress beginnt im Kopf. Wie Sie und ich eine Situation gedanklich bewerten, ist sehr subjektiv und hängt von den eigenen Einstellungen, Erfahrungen und Motiven ab. Unbewusst bewerten wir die Bedeutsamkeit alltäglicher Vorfälle und Anforderungen nach unseren inneren Sollwerten und Normen. Wer seine negativen Denkmuster kennt, kann dagegen vorgehen. Testen Sie sich jetzt und decken Sie die persönlichen Stressverstärker auf.
Stressverstärker sind normale menschliche Motive, die jeden von uns antreiben. Sie gründen auf individuell erlernten Lebensstrategien. Erst wenn sie in übersteigerter Form auftreten, werden sie ungesund. Der empfohlene Stresstest basiert auf dem Modell der fünf Stressverstärker nach Prof. Dr. Gert Kaluza. Der deutsche Psychotherapeut identifizierte folgende Bereiche:
Wenn eines oder gar mehrere dieser Motive zum Muss-Denken wird, schaden wir uns selber. Denn wer sich dauernd stresst, steht unter hoher Belastung und verliert die gesunde Balance. Das schadet langfristig der Gesundheit: Herz-Kreislauf-Krankheiten, Verspannungen, verringerte Hirnleistung, Magen-Darm-Probleme, schwaches Immunsystem, Neigung zum ungesunden Lebensstil.
Unsere Gesundheitsberaterinnen und -berater liefern Ihnen auf Ihre Situation abgestimmte Empfehlungen zum gesunden Umgang mit Stress.
Erreichen Sie in der Auswertung im Stress-Test bei einem Stressverstärker mehr als fünf Punkte? Diese Werte erfordern Ihre Aufmerksamkeit. Lesen Sie die Erklärungen und Tipps dazu.
Möchten Sie immer alles richtig machen? Dem Perfektionismus liegen ein übersteigertes Leistungsmotiv und der Wunsch nach Erfolg und Anerkennung zugrunde. Damit verbunden ist eine ausgeprägte Angst vor Misserfolg, Versagen und Kritik. Leistungsstreben ist grundsätzlich positiv. Für gewisse Aufgabenbereiche sind höchste Genauigkeit und Perfektion entscheidend – aber Achtung, wenn das perfektionistische Leistungsstreben auf jede beliebige berufliche Aufgabe oder private Aktivität übertragen wird. Dies führt zur Selbstüberforderung bis hin zur totalen Erschöpfung.
Tipp: Setzen Sie sich realistische Standards. Fehler gehören zum Lernprozess. Förderliche Einstellung: Auch ich darf Fehler machen.
Zählen Sie zu den Menschen, die bei allen beliebt sein wollen, ihnen ihre Wünsche erfüllen, nie nein sagen? Hinter diesem Stressverstärker steht das Bindungsmotiv: der Wunsch nach Akzeptanz und Zugehörigkeit. Ablehnung, Kritik und Zurückweisung belasten stark. Die betroffene Person will es allen recht machen, opfert sich auf. Wer jedoch seine eigenen Bedürfnisse dauernd zurückstellt, landet im Burnout.
Tipp: Ihre eigenen Interessen und Meinungen sind wichtig. Verbiegen Sie sich nicht. Lernen Sie, nein zu sagen.
«Ohne mich geht’s nicht!» ist typisch für diesen Stressverstärker, der vom Wunsch nach persönlicher Unabhängigkeit und Selbstbestimmung geprägt ist. Situationen, in denen eine Abhängigkeit von anderen sowie eigene Hilfsbedürftigkeit und Schwächen erlebt werden, wirken auf Menschen mit ausgeprägtem Autonomiemotiv bedrohlich. Sie arbeiten lieber alleine, behalten Sorgen und Ängste für sich. Sie versuchen unter allen Umständen das Bild der Stärke und Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten. Ein solches Verhalten führt in die Selbstüberforderung bis zur Erschöpfung. Stressverschärfend wirkt nicht das an sich gesunde Streben nach Unabhängigkeit, sondern die Übertreibung.
Tipp: Seien Sie offen und authentisch. Hilfe annehmen und Gefühle zeigen stellen keine Schwäche dar.
Der Wunsch nach Sicherheit und Kontrolle über das eigene Leben liegt diesem inneren Antreiber zugrunde. Als Folge entwickelt sich Angst vor Kontrollverlust, Fehlentscheidungen und Scheu vor Risiken. Diesen Personen fällt es schwer, zu delegieren. Sie neigen dazu, sich ständig Sorgen über mögliche Risiken und Gefahren zu machen; es kostet sie viel Zeit und Kraft, Entscheidungen zu treffen – aus Angst, mögliche Risiken zu übersehen. Es kommt zu Selbstüberforderung und Ausbrennen.
Tipp: Akzeptanz, dass es die absolute Sicherheit nicht gibt. Es braucht Ausgleich durch Mut zum kalkulierten Risiko, durch Loslassen und durch Vertrauen. Förderliche Einstellung: Ich darf loslassen.
Hinter diesem Stressverstärker steht der Wunsch nach eigenem Wohlbefinden und einem bequemen Leben. Die betroffene Person ist stressanfällig gegenüber Situationen, in denen unangenehme Aufgaben, Anstrengung oder Frustrationen auftauchen könnten. Man geht diesen Situationen deshalb aus dem Weg, in dem man sie auf die lange Bank schiebt und sich in Hilflosigkeit flüchtet. Menschen mit diesem Verstärker in sich haben früh gelernt, dass sie ihren eigenen Kompetenzen nicht vertrauen können und dass es besser ist, wenn sie sich vor der Anstrengung und vor Schwierigkeiten hüten. Sie entwickeln eine übertriebene Schonhaltung. Da sich aber niemand allen Anforderungen entziehen kann, sind chronische Stressreaktionen mit den negativen Folgen für die Gesundheit unausweichlich.
Tipp: Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken, Erfolge und Ressourcen. Arbeiten Sie an förderlichen Denkmustern.
(aus: Kaluza, G.: Stressbewältigung, 2009, Springer-Verlag)
Dr. Robert C. Keller ist Geschäftsführer der Schweizerischen Herzstiftung mit Sitz in Bern. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung im Bereich kardiovaskuläre Erkrankungen und leitet in der Stiftung die Bereiche Forschung und Prävention. Dr. Keller stand der Redaktion beratend zur Seite.
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