Wochenbettdepression: Anzeichen und Behandlung

Was ist eine Wochenbettdepression und wann beginnt eine Wochenbettdepression? Was sind Symptome einer Wochenbettdepression und was hilft gegen eine postpartale Depression? Informieren Sie sich hier über das Thema Depression nach der Geburt.

01.10.2024 Silja Hänggi 8 Minuten

Was ist eine postpartale Depression?

Die postpartale Depression (PPD) oder Wochenbettdepression ist eine besondere Form der Depression. Sie tritt nach der Geburt auf und betrifft sowohl Frauen als auch Männer. Doch was ist eine postpartale Depression genau? Die PPD ist eine psychische Erkrankung, welche sich unter anderem durch ein Stimmungstief äussert. In der Schweiz ist die Wochenbettdepression weit verbreitet. Gemäss dem Verein «Postpartale Depression Schweiz» sind rund 20 Prozent der frischgebackenen Mütter betroffen. Ausserdem betrifft die postpartale Depression 10 Prozent der Väter.

Wochenbettdepression: Ursachen

Teilweise ist es schwierig, zwischen Ursachen und Symptomen einer postpartalen Depression zu unterscheiden. So kann ein gestörter Schlaf sowohl Auslöser als auch Symptom einer Wochenbettdepression sein.

Hinweis: Die nachfolgende Liste der Ursachen ist nicht abschliessend.

Hormonelle Ursachen

Nach der Geburt verändert sich der Hormonhaushalt der Mutter. Der Zusammenhang zwischen Hormonen und einer postpartalen Depression ist noch nicht abschliessend erforscht. Aber es zeigt sich: Hormonelle Veränderungen begünstigen psychische Erkrankungen.

Psychische Ursachen

Wenn frischgebackene Mütter bereits vor der Schwangerschaft einmal eine Depression hatten, weisen sie ein grösseres Risiko auf, an einer postpartalen Depression zu erkranken. Nach der Geburt kommen gegebenenfalls unverarbeitete psychische Belastungen aus der Vergangenheit wieder an die Oberfläche. Ebenso spielt die genetische Veranlagung eventuell eine grosse Rolle. Frauen haben ein erhöhtes Risiko einer Wochenbettdepression, wenn in ihrer Familie bereits psychische Erkrankungen vorkommen.

Ursachen im Umfeld

Das Leben der Eltern verändert sich nach der Geburt eines Kindes. Dieser Wendepunkt macht die Beziehung zwischen den Eltern anfällig für Krisen.

  • Bisher eingenommene Rollen verändern sich. So ist zum Beispiel eine berufstätige Frau plötzlich Mutter und Hausfrau. Es dauert etwas, bis sie sich an diese Veränderungen gewöhnt und sich in der neuen Situation zurechtfindet. Im schlimmsten Fall führt diese Herausforderung zu einer Identitätskrise.
  • Neben Rollen verändern sich auch Beziehungen. Davon betroffen ist nicht nur die Beziehung zwischen den Eltern. Auch das Verhältnis zur eigenen Familie oder zu Freundinnen und Freunden wandelt sich. Die neue Art von Begegnungen ist zunächst ungewohnt.
  • Häufig stellt die Mutter hohe Erwartungen an sich selbst und glaubt, der neuen Situation nicht gerecht zu werden. Dadurch entwickelt sie Schuldgefühle.
  • Oftmals rücken die Bedürfnisse der Eltern nach der Geburt in den Hintergrund. Die Energiespeicher leeren sich jedoch schnell, wenn man sich selbst vernachlässigt und sich keine Erholung gönnt.

Auch fehlende Unterstützung aus dem Umfeld kann eine postpartale Depression auslösen: Eine Mutter ist nicht nur auf praktische, sondern auch emotionale Unterstützung angewiesen. Fehlt diese, steigt das Risiko einer Depression. Gerade in der Anfangszeit sind Eltern plötzlich stark ans Haus gebunden, ihr soziales Netz fällt teilweise weg und sie fühlen sich allein. Belastende Situationen wie finanzielle oder berufliche Probleme erhöhen das Risiko für psychische Erkrankungen zusätzlich.

Ursachen in Zusammenhang mit der Geburt

Komplikationen während der Schwangerschaft sowie eine ungewollte Schwangerschaft erhöhen das Risiko für eine postpartale Depression. Traumatische Ereignisse während der Geburt sind ein weiterer Risikofaktor. Hierbei ist der Schweregrad subjektiv. Auch eine sehr schnelle Geburt bringt die Mutter möglicherweise durcheinander. Sie fühlt sich überrumpelt und hat das Gefühl, die Kontrolle verloren zu haben. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit einer Wochenbettdepression durch einen Kaiserschnitt. Ebenso können im Wochenbett verschiedene weitere Probleme auftreten. Diese reichen von körperlichen Beschwerden bis hin zu Stillproblemen, welche die Mutter zusätzlich belasten.

Übrigens: Wenn Sie abstillen, sinkt der Endorphinspiegel in Ihrem Körper. Diese Hormone wirken stimmungsaufhellend. Der Abfall an Endorphinen kann somit unter Umständen eine Depression auslösen.

Wochenbettdepression: Symptome

Bei einer Wochenbettdepression sind die Anzeichen vielfältig:

  • Mentale und körperliche Erschöpfung
  • Antriebslosigkeit, Gefühl von Leere
  • Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit
  • Traurigkeit
  • Mangelndes Selbstvertrauen
  • Sexuelle Unlust
  • Konzentrationsprobleme
  • Appetitstörung
  • Schlafstörungen
  • Ängste, bis hin zu Panikattacken
  • Sozialer Rückzug
  • Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen oder Muskelverspannungen

Postpartale Depression bei Männern

Von einer Wochenbettdepression sind auch Männer betroffen. Ein Risikofaktor dafür ist die vorhergehende Erkrankung der Mutter. Die Wochenbettdepression tritt beim Vater häufig erst später auf. Auch die Symptome der Wochenbettdepression unterscheiden sich bei Männern und Frauen. Während Frauen häufig vor allem traurig sind, gehören bei Männern Wut und soziale Isolation zu den Anzeichen einer Wochenbettdepression. Was können Sie tun als Mann? Wenden Sie sich zuerst an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt. Sie oder er stellt die Diagnose und leitet die weitere Behandlung ein.

Wochenbettdepression: Wann sie beginnt

Eine postpartale Depression entwickelt sich oft schleichend. Ab wann eine Wochenbettdepression auftritt, ist unterschiedlich. Allerdings entwickelt sich eine postpartale Depression gewöhnlicherweise im ersten Jahr nach der Entbindung. Es kann jedoch auch bis zu zwei Jahre dauern, bis eine Wochenbettdepression eintritt.

Wochenbettdepression: Wie lange sie dauert

Wie lange dauert eine Wochenbettdepression? Eine postpartale Depression dauert in der Regel vier bis sechs Monate. Einige Beschwerden halten unter Umständen länger an als ein Jahr. Die Heilungsaussichten bei einer postpartalen Depression sind positiv. Meistens genesen Betroffene vollständig.

Babyblues oder Wochenbettdepression?

Es gibt diverse Unterschiede zwischen einem Babyblues und einer Wochenbettdepression. Der Babyblues tritt drei bis fünf Tage nach der Entbindung auf. Das ist normal. Der Grund dafür ist der abfallende Hormonspiegel nach der Geburt. Zu den Anzeichen des Babyblues gehören:

  • Weinerlichkeit, Niedergeschlagenheit
  • Verwirrtheit
  • Ungewohnte Aggressivität
  • Leichte Appetit- und Schlafstörungen

Der Babyblues und die Wochenbettdepression unterscheiden sich hinsichtlich der Dauer der Symptome: Beim Babyblues verschwinden diese nach etwa zwei Wochen wieder.

Postpartale Depression: Auswirkung auf das Kind

Eine postpartale Depression bringt auch Folgen für das Kind mit sich. Bleibt die Wochenbettdepression unbehandelt, sind folgende Auswirkungen möglich:

  • Beeinträchtigung der Mutter-Kind-Bindung
  • Verzögerungen in der kognitiven und emotionalen Entwicklung
  • Unsicherheit und Unruhe
  • Schlafprobleme
  • Empfindlichkeit gegenüber Stress

Wochenbettdepression: Was hilft?

Die Behandlung einer Wochenbettdepression variiert je nach Ausprägung. Das Umfeld der Betroffenen spielt dabei immer eine wichtige Rolle. Unterstützung und Verständnis von Familie und Freunden sind entscheidend.

Postpartale Depression: Tipps für Betroffene

Gestalten Sie Ihren Alltag entsprechend, wenn Sie unter einem Stimmungstief im Wochenbett leiden. Eine milde Depression lindern Sie, indem Sie Folgendes beachten:

  • Akzeptieren Sie die Erkrankung. Nur so ist eine Behandlung erfolgreich.
  • Seien Sie geduldig mit sich selbst und setzen Sie sich keine zu hohen Ziele. Versuchen Sie, Ihre Erwartungen möglichst tief zu halten.
  • Nehmen Sie sich Zeit für sich. Legen Sie regelmässig Pausen ein. Schlafen Sie so viel wie möglich. Bringen Sie – wann immer möglich – Entspannung in Ihren Alltag. Probieren Sie verschiedene Atemtechniken, Yoga oder Meditation aus.
  • Eine ausgewogene Ernährung unterstützt Sie zusätzlich. Essen Sie zudem regelmässig.
  • Bleiben Sie aktiv. Bewegung im Alltag und Sport helfen gegen depressive Verstimmungen. Das gilt besonders für sanften Ausdauersport wie beispielsweise Walking oder Standvelofahren. Auf das normale Velofahren sollten Sie aufgrund der Sturz- und Unfallgefahr verzichten. Ungefähr sechs bis acht Wochen nach der Geburt können Sie auch mit Rückbildungsgymnastik beginnen. Sprechen Sie auf jeden Fall mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, bevor Sie sportliche Aktivitäten planen.
  • Organisieren Sie sich. Planen Sie Ihren Tag. Organisieren Sie ausserdem Unterstützung, zum Beispiel für die Hausarbeit oder den Einkauf.
  • Sprechen Sie offen über Ihre Gefühle. Ob mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner, mit Freunden oder mit weiteren Betroffenen: Der Austausch hilft.

Verschlimmern sich die Anzeichen einer Wochenbettdepression, sprechen Sie unbedingt mit Ihrer Ärztin, Ihrem Arzt oder Ihrer Hebamme. Manchmal ist eine psychotherapeutische Behandlung nötig. Diese findet beispielsweise in Form einer kognitiven oder interpersonellen Verhaltenstherapie statt. Bei Bedarf verschreibt Ihnen Ihre Ärztin oder Ihr Arzt ein Antidepressivum.

Wochenbettdepression: Wie kann man helfen?

Ist Ihre Partnerin oder Ihr Partner von einer postpartalen Depression betroffen, unterstützen Sie sie oder ihn:

  • Zeigen Sie Verständnis und Geduld.
  • Hören Sie zu. Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen für Probleme.
  • Konzentrieren Sie sich auf das Positive. Loben Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner und zeigen Sie Dankbarkeit.
  • Entlasten Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner oder organisieren Sie Unterstützung.
  • Zwingen Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner nicht, wichtige Entscheidungen zu treffen, wenn sie oder er mit der Situation überfordert ist.
  • Begleiten Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner in die Arztpraxis und sprechen Sie gemeinsam über die Behandlung und über Fortschritte.

Wie können Sie einer postpartalen Depression vorbeugen?

Eine Wochenbettdepression lässt sich nicht gänzlich vermeiden. Dennoch gibt es einige Massnahmen, die das Risiko einer solchen Depression senken:

  • Haben Sie ein erhöhtes Risiko, suchen Sie sich frühzeitig Hilfe. Idealerweise sprechen Sie bereits vor oder während Ihrer Schwangerschaft mit einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten. Schildern Sie ihr oder ihm Ihre Sorgen und Ängste.
  • Nehmen Sie zudem vorab Hilfe in Anspruch, wenn Sie finanzielle Probleme haben. Gleiches gilt bei Konflikten mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner.
  • Sorgen Sie im Vorfeld für ausreichend Unterstützung im Haushalt sowie für Hilfe bei der Versorgung Ihres Babys. So haben Sie nach der Geburt Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen.
  • Auch regelmässige Besuche von Ihrer Hebamme beugen einer Wochenbettdepression vor.
  • Ausserdem senken Sie das Risiko einer Wochenbettdepression, indem Sie stillen. Haben Sie Probleme beim Stillen, sprechen Sie mit Ihrer Hebamme, Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
  • Bewegen Sie sich ausreichend während der Schwangerschaft. Das kann das Risiko einer postpartalen Depression senken. Das Netzwerk Gesundheit und Bewegung Schweiz hepa.ch empfiehlt während der Schwangerschaft 20 bis 30 Minuten moderate Bewegung pro Tag – Standvelofahren, schnelles Gehen oder Schwimmen. Das hilft nicht nur bei Rücken- und Beinschmerzen, Sie können auch besser schlafen und durch die Bewegung werden Glückshormone ausgeschüttet. Verzichten Sie während der Schwangerschaft auf Sport in Rückenlage oder mit Stoss- und Unfallgefahr (Velofahren, Kampfsport, Tennis etc.), Tiefseetauchen oder Hochgebirgswandern.

Eine postpartale Depression ist behandelbar. Vertrauen Sie auf die Unterstützung von Familie, Freunden und Fachpersonen. Achten Sie auf sich und Ihre Bedürfnisse. Mit der richtigen Hilfe finden Sie zurück zu einem ausgeglichenen Leben. Sprechen Sie offen über Ihre Gefühle und holen Sie sich die Unterstützung, die Sie brauchen.

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